Handlungsempfehlungen zur Integration eines standardisierten Projektmanagementprozesses in einem Projektmanagementhandbuch

Handlungsempfehlungen zur Integration eines standardisierten Projektmanagementprozesses in einem Projektmanagementhandbuch
Entwurf der Startseite des PMHs mit Textplatzhaltern

Kontext
Die MTF ist seit über 30 Jahren als IT-Dienstleister in der Schweiz und in Liechtenstein tätig. Sie unterstützt dabei rund 1'500 Kunden in allen Fragen und Anliegen der Informatik. Bis 2022 bestand die MTF aus sieben eigenständigen Unternehmen, die als Gruppe auftraten. Im Jahr 2022 hat Swisscom fünf Aktiengesellschaften mit neun Standorten übernommen und in der MTF Solutions AG zusammengeführt. Von den ungefähr 150 Mitarbeitenden sind rund 70 vorwiegend in Projekten tätig und übernehmen zum Teil die Rolle des Projektleiters. Dabei handelt es sich vorwiegend um Systemtechniker, die Projekte selbständig oder in Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitenden durchführen und die Koordination mit den Kunden und Lieferanten übernehmen.

Ziele
Durch die Fusion der selbständigen Unternehmen gibt es heute bei der MTF mehrere PM-Prozesse. Um einen einheitlichen PM-Standard innerhalb der MTF zu schaffen, bietet sich die Erstellung eines Projektmanagementhandbuches (PMH) und das Standardisieren des Vorgehens an. Deshalb sollte im Rahmen dieser Bachelorarbeit eine Empfehlung für den Aufbau und den Inhalt des PMHs erarbeitet werden. Weiter sollten die bestehenden PM-Prozesse mittels einer Best-Practice-Checkliste analysiert, untereinander und mit der Theorie verglichen und eine mögliche Kombination erarbeitet werden, sodass anschliessend auf dieser Grundlage ein PMH erstellt werden kann.

Fragestellung
Abgeleitet aus der oben skizzierten Zielsetzung ergab sich folgende wissenschaftliche Fragestellung: Wie können die verschiedenen PM-Prozesse der MTF Solutions AG anhand einer Checkliste auf Vollständigkeit überprüft werden und wie könnte – unter Berücksichtigung der bestehenden Prozesse und internen Anforderungen – der Inhalt und die Struktur des unternehmensspezifischen PMHs aussehen?

Methodik
Zur Beantwortung der zuvor genannten Forschungsfrage wurde eine qualitative Studie durchgeführt. In einem ersten Schritt wurde eine Literaturrecherche und Experteninterviews zum Thema PMH durchgeführt. Parallel dazu wurde eine Literaturarbeit ausgeführt und eine Best-Practice-Checkliste für die Prüfung des PMs der MTF erstellt. Danach wurde die typische Form sowie der typische Aufbau und Inhalt eines PMHs anhand definierter Kriterien abgeleitet. Anschliessend wurden Interviews und Workshops zur Analyse des internen PMs der MTF durchgeführt. Die Erkenntnisse wurden ausgewertet und der Ist-Zustand dargestellt. Weiter wurde daraus sowohl eine Prozesskombinations-Möglichkeit als auch ein Strukturvorschlag für das PMH der MTF abgeleitet.

Ergebnisse
Für die Ist-Analyse des PMs kann eine tabellarische Checkliste verwendet werden. Die Tabelle gliedert die anfallenden Aufgaben einerseits vertikal nach den Projektphasen und andererseits horizontal nach fünf Aufgabengruppen. In der untersten Zeile werden dann die Ergebnisse dargestellt. Je nach Vorgehensmethode müssen die Phasen, Aufgaben und Ergebnisse entsprechend den jeweiligen Best Practices angepasst werden.

Klassische PM-Checkliste - In Anlehnung an Kuster et al. (2022)

Auf der Grundlage von Theorie und Praxis können fünf typische Kapitel eines PMH identifiziert werden. Zusätzlich wurden für jedes Kapitel typische Inhalte definiert:

  • Projektdefinition: Projektgrössen, Projektarten und Regeln
  • Projektorganisation: Rollen, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen
  • Projektabwicklungsprozess: Übersicht, vollständige Beschreibung der Vorgehensweisen
  • Phasenübergreifendes: Planung, Risikomanagement, Änderungsmanagement, Reporting und Controlling
  • Toolbox: Vorlagen, Checklisten, Tools, Methoden

Die Entwicklung oder Aktualisierung eines PMH kann in sechs Schritten erfolgen:

  1. Einholen des Management-Commitments
  2. Erstellen einer akribischen Stakeholderliste
  3. Sammeln, abstrahieren und gruppieren von Anforderungen. Gegenüberstellen und abgrenzen der Anforderungen zur Geschäftsstrategie
  4. Iterative Entwicklung des PMHs
  5. Einführung, Kommunikation und Schulung
  6. Implementation eines KVPs

Die Projekte in der MTF werden mit einem pragmatischen, klassischen Ansatz erarbeitet, der das Wesentliche fokussiert. Insgesamt weisen alle PM-Prozesse Ähnlichkeiten auf: In der Beauftragung werden die Aufgaben abgegrenzt, die als Teil der Verantwortung des Kunden angesehen werden, ausserdem wird die Initialisierungsphase um einige Aufgaben aus der Konzeptphase ergänzt. Darüber hinaus gibt es nur geringe Unterschiede in der Realisierung und der Einführung, da in diesen Phasen dieselben Aufgaben – wenn auch mit einem anderen Fokus – durchgeführt werden. Der Unterschied liegt jedoch im Detail: Die Umsetzung – der Weg zum Ziel – wird je nach Unternehmenskultur unterschiedlich gehandhabt. Zuletzt erfolgt eine wiederum ähnliche Abschlussphase. Insgesamt liegt der grösste Unterschied zu den Best Practices der klassischen Methode im fehlenden Risiko- und Stakeholdermanagement.

Für die Prozesskombination können aufgrund der Ähnlichkeiten die Initialisierung und die Konzeption als Planungsphase und die Realisierung und die Einführung als Umsetzungsphase zusammengefasst werden. Zum Projektende soll eine Abschlussphase durchgeführt werden. Risiken und Stakeholder sollten zumindest in der Planungsphase identifiziert werden. Darüber hinaus sollten die Planungs-, Informations- und Kommunikationsaktivitäten während der gesamten Projektdauer kontinuierlich und phasenübergreifend durchgeführt werden. Ein Controlling und ein pragmatisches Änderungsmanagement sollten ab der Umsetzung stattfinden, wobei Änderungen bis zum Zeitpunkt vor der Abschlussphase aufgenommen werden sollten.

Kombinierte PM-Übersicht

Handlungsempfehlung
Der MTF Solutions AG wird empfohlen, ein PMH auf der bereits vorhandenen Plattform «Confluence» zu erstellen. Im Gegensatz zu den typischen Kapiteln und Inhalten wird der MTF angeraten, den Abwicklungsprozess und die phasenübergreifenden Aufgaben in einem Kapitel zu vereinen, um die gesamte Umsetzung in einem einzigen, ganzheitlichen Kapitel zu beschreiben. Weiter sollte den Standorten im Projektabwicklungsprozess eine Unterseite für die Umsetzung zur Verfügung gestellt werden, auf der die individuellen Vorgehensweisen festgehalten werden können. Hier ist auch wichtig, dass die MTF PM-Empfehlungen und Regeln sorgfältig eruiert und klar definiert, wann was verbindlich wird – hierzu wird eine standardisierte Planungs- und Abschlussphase empfohlen, welche mit grundlegenden Regeln und Empfehlungen zur Umsetzungsphase ergänzt werden, die bei grossen Projekten verpflichtend sind. Zudem sollte die MTF die Möglichkeiten von Confluence nutzen und eine übersichtliche Startseite und eine Plattform zum aktiven Wissensaustausch bereitstellen.