Halal-orientierte Dienstleistungen in Hotels: Eine Untersuchung der Angebote für muslimische Touristen aus der Golfregion in Interlaken

Forschungsfrage(n) & Zielsetzung:
Ziel dieser Bachelorarbeit war es, das Angebot halal-orientierter Dienstleistungen in Hotels in Interlaken systematisch zu erfassen und zu bewerten. Untersucht wurde, welche halal-orientierten Dienstleistungen Hotels in Interlaken muslimischen Gästen aus der Golfregion anbieten – und ob sich diese je nach Hotelkategorie unterscheiden.
Kontext:
Der Halal-Tourismus hat in den letzten Jahren weltweit deutlich an Bedeutung gewonnen, da immer mehr muslimische Reisende internationale Ziele aufsuchen. Insbesondere Touristen aus den Golfstaaten – Bahrain, Kuwait, Saudi-Arabien, Oman, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten – bilden eine zentrale Zielgruppe: Obwohl sie nur etwa 3 % der muslimischen Weltbevölkerung stellen, generieren sie rund 31 % der globalen muslimischen Reiseausgaben. Viele dieser Gäste legen grossen Wert darauf, ihre religiösen Pflichten auch im Urlaub erfüllen zu können, was ihre Hotelauswahl unmittelbar beeinflusst. Gerade Interlaken hat sich als führende Destination für Reisende aus der Golfregion etabliert: Die Übernachtungszahlen stiegen hier von etwa 4 000 im Jahr 2020 auf über 67 000 im Jahr 2024, bei durchschnittlichen Ausgaben von 420 CHF pro Person und Tag – mehr als doppelt so viel wie andere internationale Gäste in der Schweiz. Trotz dieser Relevanz gab es bislang keine wissenschaftliche Untersuchung zum Angebot halal-orientierter Leistungen in den Interlakener Hotels.
Methodik:
Die Arbeit folgte einem qualitativen Ansatz in Form von halbstrukturierten Interviews, um die Erfahrungen, Einschätzungen und Haltungen der Hotelverantwortlichen tiefgreifend zu verstehen. Insgesamt wurden sechs Interviews mit Vertretern verschiedener Hotelkategorien in Interlaken geführt – fünf davon online und eines persönlich vor Ort. Die Gespräche wurden aufgezeichnet, transkribiert und in MAXQDA ausgewertet, wobei die Kategorien induktiv nach Mayring gebildet wurden.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten ein vielfältiges und zugleich uneinheitliches Bild. Zwar boten alle Hotels in Interlaken bereits einzelne halal-orientierte Dienstleistungen an, doch geschah dies in den meisten Fällen nur auf ausdrückliche Nachfrage der Gäste hin. Als wesentliche Hemmnisse erwiesen sich strukturelle, finanzielle und organisatorische Herausforderungen sowie saisonale Nachfrageschwankungen und eine bislang nicht eindeutig feststellbare Nachfrage seitens der Gäste. Hinzu kam die Sorge, dass sichtbare Halal-Angebote andere Gäste irritieren könnten.
In einzelnen Fällen wurden Halal-zertifizierte Speisen angeboten, in einem Fall sogar eine separate Halal-Speisekarte, um den anderen Gästen gerecht zu werden, ebenso wie Ramadan-Angebote oder die Bereitstellung von Gebetsteppichen, Koranen und Gebetsrichtungsanzeigern auf Anfrage. Auch bei der Zimmerausstattung zeigten sich alle Hotels flexibel gegenüber individuellen Wünschen – etwa durch alkoholfreie Minibars oder Familienzimmer. Auffällig war zudem, dass bestimmte Angebote von den Hotels selbst nicht explizit als halal-orientiert wahrgenommen wurden, jedoch dennoch genau jenen Erwartungen entsprachen, die laut Literatur häufig von muslimischen Gästen geäußert werden, wie etwa alkoholfreie Getränke, eine angemessene Dienstkleidung des Personals oder ein Waschbecken im WC-Bereich.
Ein besonders interessanter Aspekt war der Vergleich nach Hotelklassifikation. Hier konnte kein allgemeiner Unterschied festgestellt werden: Ein 3-Sterne-Hotel zeigte durch ein besonders hohes Engagement auf, während andere höher klassifizierte Betriebe keine vergleichbaren Angebote vorwiesen.
Fazit:
Interlakner Hotels boten punktuell Halal-Services, meist nur auf Nachfrage und ohne klare Strategie, unabhängig von der Sterne-Kategorie.