Analyse und Visualisierung der Antwortmuster von smartvote Nutzerprofilen

Einleitung
Die politische Entscheidungsfindung stellt für viele Bürger*innen eine komplexe Herausforderung dar, insbesondere in einem vielfältigen Parteiensystem wie der Schweiz. Digitale Wahlhilfen wie smartvote bieten eine datenbasierte Unterstützung, indem sie individuelle Wahlempfehlungen auf Grundlage politischer Präferenzen aussprechen. Die Plattform hat sich seit ihrer Einführung im Jahr 2003 zu einem zentralen Instrument der politischen Orientierung entwickelt und wird insbesondere bei eidgenössischen Wahlen breit genutzt. Trotz dieser hohen Reichweite stellt sich die Frage, wie präzise die Empfehlungen von smartvote tatsächlich mit den politischen Einstellungen der Nutzerinnen übereinstimmen. Im Zentrum dieser Arbeit steht deshalb die Analyse der Antwortmuster von smartvote-Nutzer*innen im Kontext der Nationalratswahlen 2023. Ziel ist es, das Ausmass der inhaltlichen Übereinstimmung zwischen den Nutzerantworten und den Positionen empfohlener Parteien und Kandidierender zu untersuchen und dabei soziodemografische Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Problemstellung und Zielsetzung
Obwohl smartvote ein weit verbreitetes Instrument der politischen Orientierung ist, fehlt es bisher an detaillierten Analysen zur Qualität und Passgenauigkeit der generierten Wahlempfehlungen. Besonders unklar ist, inwieweit Wähler*innen mit den von smartvote empfohlenen Parteien und Kandidierenden tatsächlich inhaltlich übereinstimmen – sowohl auf Gesamt- als auch auf Einzelfragenebene. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass insbesondere bei Parteien mit breiter programmatischer Ausrichtung oder heterogener Wählerschaft Diskrepanzen auftreten können. Diese Arbeit verfolgt deshalb zwei Hauptziele: Erstens soll die inhaltliche Kongruenz zwischen Nutzerantworten und den smartvote-Empfehlungen quantitativ erfasst und visualisiert werden. Zweitens wird untersucht, welche demografischen Merkmale (z.B. Alter, Bildung, Region) mit bestimmten Antwortmustern korrelieren. Damit leistet die Arbeit einen Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise digitaler Wahlhilfen und deren Grenzen – sowohl aus politikwissenschaftlicher als auch aus datenanalysebezogener Perspektive.
Methodik
Die Arbeit basiert auf einem strukturierten Datensatz der smartvote-Nutzer*innen im Vorfeld der Nationalratswahlen 2023. Analysiert wurden Antwortprofile von Nutzer*innen, denen eine der sechs grossen Parteien (SVP, FDP, Die Mitte, SP, GLP, Grüne) als Wahlempfehlung zugewiesen wurde. Die quantitative Auswertung erfolgte über eine Heatmap-basierte Differenzanalyse, in der die durchschnittlichen Antwortwerte der Nutzer*innen mit jenen der empfohlenen Kandidierenden verglichen wurden. Zusätzlich wurden einzelne Fragen mit besonders hohen Abweichungen detailliert analysiert sowie soziodemografische Einflussgrössen (Region, Alter, Bildung) in Bezug auf ausgewählte Fragen betrachtet.
Ergebnisse
Die Analyse zeigt deutliche Unterschiede in der inhaltlichen Übereinstimmung zwischen Nutzer*innen und den empfohlenen Parteien. Besonders auffällig sind grosse Differenzen bei der Grünliberalen Partei (GLP) sowie bei Die Mitte, während FDP und SVP eine hohe Kongruenz aufweisen. Die SP und Grünen liegen im mittleren Bereich. Einzelne Fragen, etwa zum Mindestlohn oder zum Finanzreferendum, offenbaren teils erhebliche Abweichungen – selbst bei Nutzer*nnen mit einer formalen Übereinstimmung von über 75 %. Soziodemografische Analysen zeigen zudem systematische Muster: Jüngere und höher gebildete Personen tendieren beispielsweise stärker zu progressiven Positionen, was zu Spannungen mit den Positionen konservativer Parteien führen kann.
Fazit
Die Ergebnisse legen nahe, dass smartvote als Instrument der politischen Orientierung zwar eine hohe Relevanz besitzt, aber nicht in allen Fällen eine inhaltlich exakte Übereinstimmung gewährleistet. Gerade bei Parteien mit strategisch breiter Positionierung oder interner Heterogenität (wie GLP oder Die Mitte) besteht eine Diskrepanz zwischen Kandidierenden und der Wählerschaft. Dies wirft grundlegende Fragen zur Qualität algorithmischer Empfehlungen und zur Komplexität politischer Repräsentation auf. Die Arbeit zeigt, dass datenbasierte Wahlhilfen durch gezielte Visualisierungen und differenzierte Analysen sinnvoll ergänzt werden können – sowohl zur Förderung der politischen Bildung als auch zur Weiterentwicklung digitaler Entscheidungsunterstützung.