„Mehr als nur Laden – Bidirektionales Laden als Chance für die kommunale Energiewende“

Einleitung
Die Elektromobilität nimmt eine Schlüsselrolle in der Energiewende ein. Neben der Reduktion von CO₂-Emissionen bietet sie neue Möglichkeiten für die intelligente Nutzung von Energie. Eine besonders innovative Technologie ist das bidirektionale Laden, auch bekannt als Vehicle-to-Grid (V2G). Dabei können Elektrofahrzeuge nicht nur Strom beziehen, sondern auch wieder ins Netz einspeisen. Sie fungieren somit als mobile Energiespeicher, die das Stromnetz entlasten und die Integration erneuerbarer Energien unterstützen können. In der Theorie bietet V2G grosses Potenzial für Städte und Gemeinden, doch in der Praxis ist die Umsetzung noch stark begrenzt, insbesondere im öffentlichen Raum.
Problemstellung und Zielsetzung
Obwohl erste Pilotprojekte in der Schweiz zeigen, dass V2G technisch umsetzbar ist, fehlt es vielerorts an einer breiten Anwendung. Im öffentlichen Sektor bestehen zahlreiche Herausforderungen: rechtliche Unsicherheiten, fehlende Marktanreize, hohe Investitionskosten und mangelnde Interoperabilität. Gleichzeitig werden Städte und Gemeinden zunehmend in die Verantwortung genommen, klimafreundliche Mobilitätslösungen zu fördern. Hier setzt diese Arbeit an: Ziel war es, die zentralen Hürden bei der Einführung bidirektionaler Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum systematisch zu erfassen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen für Kommunen, Energieversorger und politische Entscheidungsträger abzuleiten.
Methodik
Die Untersuchung basiert auf einem qualitativen Forschungsdesign. Im Zentrum standen neun leitfadengestützte Experteninterviews mit Fachpersonen aus Politik, Energieversorgung und Technologieentwicklung. Die Interviews wurden transkribiert und mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. Durch diese Methodik konnten sowohl bekannte Herausforderungen bestätigt als auch neue, praxisrelevante Einblicke gewonnen werden. Ergänzend wurde das Pilotprojekt „V2X Suisse“ als Fallbeispiel herangezogen, um die Erkenntnisse im konkreten Anwendungskontext zu verankern.
Ergebnisse
Die Analyse zeigt ein klares Bild: Technologisch ist V2G grundsätzlich machbar, doch zentrale Barrieren verhindern die flächendeckende Einführung. Als häufigste Herausforderungen wurden hohe Systemkosten, eine geringe Anzahl kompatibler Fahrzeuge, fehlende regulatorische Vorgaben und die unklare Abrechnung rückgespeister Energie genannt. Insbesondere die Tarifstruktur und Netzregelwerke sind noch nicht auf mobile Speicher ausgelegt. Zudem besteht auf kommunaler Ebene oft Unsicherheit über Zuständigkeiten und notwendige Investitionen. Gleichzeitig sehen die Expert:innen grosses Zukunftspotenzial in der Technologie, vorausgesetzt, es erfolgt eine koordinierte Weiterentwicklung von Marktmodellen, Standards und Förderinstrumenten.
Fazit
Bidirektionales Laden kann ein zentrales Bindeglied zwischen Mobilität und Energieversorgung werden. Die Arbeit zeigt, dass technologische und wirtschaftliche Voraussetzungen vorhanden sind, aber ohne klare regulatorische Rahmenbedingungen und politische Impulse bleibt V2G in der Schweiz in der Pilotphase stecken. Es braucht eine gesamtheitliche Strategie mit interoperablen Systemen, fairen Tarifen und gezielter Förderung. Nur so kann V2G vom Konzept zur funktionierenden Lösung für Städte, Gemeinden und das Stromnetz werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern einen praxisorientierten Beitrag zur Weiterentwicklung einer zukunftsfähigen Energie- und Verkehrspolitik.