Kostenbremse oder Konsumfalle? Rabattsysteme im Online-Modehandel und ihr Einfluss auf unser Kaufverhalten

Rabatte sind aus dem Online-Shopping kaum mehr wegzudenken. Ob Mid-Season-Sale, Black Friday oder exklusive App-Angebote, Preisnachlässe sind allgegenwärtig und wirken oft wie ein psychologischer Auslöser, der zum Zugreifen verleitet. Doch was auf den ersten Blick wie eine Ersparnis aussieht, kann sich bei genauerer Betrachtung als Kostenfalle entpuppen – nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch.
Ziel & Fragestellung
In dieser Bachelorarbeit wird analysiert, wie Konsumierende Rabattsysteme im Online-Modehandel wahrnehmen und welchen Einfluss diese Preisnachlässe auf ihr tatsächliches Kaufverhalten haben. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Rabatte tatsächlich als „Kostenbremse“ erlebt werden oder ob sie nur den Anschein einer Ersparnis erwecken und letztlich zu mehr Konsum, Fehlkäufen oder impulsiven Entscheidungen führen. Die Arbeit setzt sich zudem mit der Frage auseinander, inwiefern nachhaltiger Konsum durch Rabattsysteme erschwert wird, ein Thema, das insbesondere für Branchen wie die Mode relevant ist. Diese sind bekannt für schnellen Produktumschlag, hohe Rücksendequoten und saisonale Rabattzyklen.
Dabei wird folgende Hauptforschungsfrage bearbeitet: Inwiefern beeinflussen Rabattsysteme im Online-Handel der Modebranche die Wahrnehmung und das Kaufverhalten der Konsumierenden, und werden Rabatte tatsächlich als „Kostenbremse“ wahrgenommen?
Zur umfassenden Beantwortung dieser übergeordneten Frage wurden drei Analysebereiche mit untergeordneten Forschungsfragen definiert:
Wahrnehmung von Rabatten:
- Welche Rabattarten werden von Konsumierenden genutzt?
- Welche dieser Rabattarten werden als Mittel zur Kostenreduktion wahrgenommen?
- Welche Rabattsysteme erfüllen andere Kriterien als die einer Kostenbremse, und werden diese Rabattsysteme genutzt?
Einfluss auf das Kaufverhalten:
- Wie häufig kaufen Konsumierende Produkte, die ursprünglich nicht geplant waren, nur aufgrund eines Rabatts?
- Welche Auswirkungen haben Rabatte auf die Markenwahl von Konsumierenden, wenn mehrere Optionen zur Verfügung stehen?
- Wie schätzen Konsumierende den Einfluss von Rabattsystemen auf ihre Einsparungen ein?
Nachhaltigkeit:
- Wie wirken sich Rabattsysteme auf das Konsumverhalten aus, insbesondere in Bezug auf Überkonsum und Fehlkäufe?
Methodik
Für die Bachelorarbeit wurde ein kombinierter Forschungsansatz gewählt, um fundierte Aussagen treffen zu können. Die empirische Datenerhebung erfolgte durch eine Online-Befragung, bei der insgesamt 127 vollständig ausgefüllte Fragebögen gesammelt wurden. Die Auswertung der Daten wurde mithilfe von SPSS durchgeführt. Dabei kamen deskriptive Statistiken, Korrelationsanalysen sowie eine multiple Regressionsanalyse zum Einsatz.
Ergänzend wurde eine umfassende Literaturrecherche durchgeführt, um den theoretischen Rahmen zu den Themen Online-Handel, Modebranche, Preispolitik, Konsumentenverhalten und Nachhaltigkeitsaspekten fundiert darzustellen. Zusätzlich erfolgte eine qualitative Website-Analyse der Rabattgestaltung bei H&M und Zalando Lounge, um die visuelle und sprachliche Inszenierung von Rabatten im Online-Modehandel zu untersuchen.
Zentrale Ergebnisse
Die wichtigsten Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- 75 % der Befragten sehen Rabatte primär als Sparmöglichkeit.
- 51 % geben an, durch Rabatte zu impulsiven Kleidungskäufen verleitet zu werden.
- Prozentrabatte und Gutscheincodes zählen zu den beliebtesten Rabattarten. Versandkostenbefreiung wird geschätzt, aber selten als "echter Rabatt" wahrgenommen.
- Rabatte beeinflussen die Markenwahl nur bedingt – Qualität bleibt entscheidendes Kriterium.
- 22 Personen kaufen rabattierte Kleidung, die sie selten oder nie tragen.
- 50 Personen geben an, rabattierte Artikel häufig zu retournieren.
Diese Daten zeigen: Rabatte führen nicht nur zu mehr Käufen – sie erhöhen auch die Wahrscheinlichkeit für Fehlkäufe, Überkonsum und Retouren.
Rabatt als Konsummotor?
Rabatte lösen nachweislich psychologische Effekte aus: Sie aktivieren Belohnungssysteme, erzeugen ein Gefühl von Kontrolle („Ich habe ein Schnäppchen gemacht“) und schaffen durch zeitliche Begrenzung künstlichen Kaufdruck. Besonders im Modehandel, wo ständig neue Kollektionen und Sales den Takt bestimmen, verstärken Rabatte die Dynamik eines schnellen und oft unreflektierten Konsums.
Doch das vermeintliche „Sparen“ wird oft teuer bezahlt, nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch: Hohe Rücksendequoten, kurze Produktlebenszyklen und wachsende Mengen ungenutzter Kleidung sind die Kehrseite der Rabatt-Medaille.
Fazit: Wirklich sparen oder nur mehr kaufen?
Rabatte sind ein fester Bestandteil des Online-Handels und sie wirken. Sie motivieren zum Kauf, vermitteln ein gutes Gefühl und suggerieren Effizienz. Doch meine Analyse zeigt, dass der reale Spareffekt begrenzt ist, wenn Rabatte dazu führen, dass mehr konsumiert wird als eigentlich nötig. Wer nachhaltiger shoppen möchte, sollte deshalb nicht nur auf Prozentzeichen achten, sondern vor allem auf Bedarf, Qualität und Langlebigkeit. Denn die beste Ersparnis ist oft der Kauf, der gar nicht erst getätigt wird.