Kommunikationskompetenzen: Eine Gap-Analyse zwischen den Zielkompetenzen im Betriebsökonomie-Studium der Berner Fachhochschule und den Anforderungen von Arbeitgebenden in der Schweizer Finanzindustrie

Kontext:
Die Anforderungen an Angestellte in der modernen Arbeitswelt haben sich verändert. Neben fundiertem Fachwissen erwarten Arbeitgebende heute verstärkt sogenannte überfachliche Kompetenzen – allen voran kommunikative Fähigkeiten. Diese bilden die Grundlage für erfolgreiche Zusammenarbeit, konstruktive Teamprozesse, den Umgang mit Kund:innen und das souveräne Agieren in komplexen Arbeitsumgebungen.
Besonders in der Schweizer Finanzindustrie, die von intensiver Kundeninteraktion und interdisziplinärer Projektarbeit geprägt ist, gelten kommunikative Fähigkeiten als erfolgsentscheidend. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie gut Fachhochschulen wie die Berner Fachhochschule (BFH) ihre Studierenden auf kommunikative Anforderungen aus der Praxis vorbereiten. Die BFH verfolgt das Ziel, praxisnahe und arbeitsmarktorientierte Kompetenzen zu vermitteln – doch stimmen die geplanten Lernziele auch mit den tatsächlichen Erwartungen aus Bereichen der Berufspraxis überein?
Ziel / Aufgaben:
Die zentrale Aufgabe der Bachelorarbeit war es, die kommunikativen Zielkompetenzen des Studiengangs BSc Betriebsökonomie an der BFH mit den Anforderungen von Arbeitgebenden in der Schweizer Finanzindustrie zu vergleichen. Ziel war es, mögliche Differenzen (Gaps) zwischen dem bestehenden Curriculum und den realen Bedürfnissen des Arbeitsmarkts zu identifizieren und daraus fundierte Handlungsvorschläge für die Weiterentwicklung des Curriculums abzuleiten.
Die Arbeit ging somit folgender Forschungsfrage nach: Inwiefern stimmen die kommunikativen Zielkompetenzen, welche die Berner Fachhochschule (BFH) im Studiengang BSc Betriebsökonomie vermitteln möchte, mit den Anforderungen von Arbeitgebern in der Schweizer Finanzindustrie überein und wo bestehen potenzielle Differenzen (Gaps)? Wie können diese Differenzen geschlossen werden?
Methoden:
Im ersten Schritt wurde analysiert, welche kommunikativen Kompetenzen die BFH im Rahmen des Studiengangs tatsächlich vermitteln will. In diesem Zusammenhang wurden die offiziellen kommunikativen Lernziele der Berner Fachhochschule analysiert. Zusätzlich wurden drei exemplarische Modulbeschreibungen analysiert, in denen aufgezeigt wird, dass die kommunikativen Lernziele auch vermittelt werden sollen. Zusätzlich werden die Methoden bei der Vermittlung und Evaluation der kommunikativen Kompetenzen aufgezeigt.
Die Untersuchung der Anforderungen in der Schweizer Finanzindustrie basierte auf einem qualitativen Forschungsdesign. Im theoretischen Teil der Arbeit wurden auf Basis wissenschaftlicher Literatur sechs zentrale Kommunikationskompetenzen definiert, die in der Praxis als relevant gelten: mündliche Kommunikation, schriftliche Kommunikation, interpersonale Kommunikation, digitale Kommunikation, interdisziplinäre Kommunikation sowie Zuhör- und Feedbackkompetenz.
Auf Basis dieser theoretischen Grundlagen wurden acht semistrukturierte Experteninterviews mit Fach- und Führungspersonen aus der Schweizer Finanzindustrie durchgeführt. In den Interviews sollte herausgefunden werden, welche der sechs kommunikativen Kompetenzen für die Arbeit in der Schweizer Finanzindustrie als zentral angesehen werden. Die zentralen kommunikativen Kompetenzen, gemäss den Interviews, wurden anschliessend mit den Zielkompetenzen der Berner Fachhochschule verglichen, um Überschneidungen und Differenzen festzustellen.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen, dass vier der sechs untersuchten Kompetenzen von den Expert:innen als besonders zentral eingeschätzt werden: mündliche Kommunikation, schriftliche Kommunikation, interpersonale Kommunikation sowie die Zuhör- und Feedbackkompetenz. Im Vergleich mit den Zielkompetenzen der Berner Fachhochschule gibt es eine Überschneidung in den ersten drei Fähigkeiten. Zusätzlich bildet die Zuhör- und Feedbackkompetenz eine Differenz zwischen den Zielkompetenzen der BFH und den Anforderungen aus der Finanzindustrie. Auf der Grundlage dieser Differenz wurden zwei Handlungsvorschläge für die Berner Fachhochschule ausgearbeitet.
Der erste Handlungsvorschlag umfasst die Einführung eines neuen Pflichtmoduls in das Curriculum. Das Modul trägt den Namen Listening & Feedback Skills (BLFS). Ziel dieses Kurses ist es, Studierenden die Fähigkeit des aktiven Zuhörens sowie einen professionellen und reflektierten Umgang mit Feedback praxisnah zu vermitteln. Das Modul umfasst Methoden wie Rollenspiele, Peer-Coaching, Videoanalysen und Blended-Learning-Elemente, ergänzt durch kommunikationspsychologische Modelle (z. B. Schulz von Thun, Rosenberg, Rogers).
Der zweite Handlungsvorschlag ist die Einbettung der Kompetenz in ein bestehendes Modul der Berner Fachhochschule: Business Skills (BBUS). In diesem Vorschlag sollen die Studierenden neben den mündlichen Fähigkeiten, die im Modul bereits vermittelt werden, auch die Zuhör- und Feedbackkompetenz behandeln können. Im Rahmen des angepassten Unterrichts werden Rollenspiele als praxisorientierte Lernmethode eingesetzt.
Die beiden Handlungsvorschläge sollen eine Möglichkeit darstellen, wie die Zuhör- und Feedbackkompetenz in das bestehende Curriculum der Berner Fachhochschule integriert werden könnte.
Fazit:
Die Bachelorarbeit soll einen praxisorientierten Beitrag zur Weiterentwicklung des kommunikativen Kompetenzprofils an der Berner Fachhochschule leisten. Sie zeigt auf, wie die identifizierten Kommunikationslücken im Curriculum mit gezielten Massnahmen geschlossen werden könnten, um das kommunikative Profil von Studierenden um eine weitere praxisnahe Fähigkeit abzurunden.