Individualbesteuerung: Auswirkungen einer Umsetzung auf den Kanton Wallis
Die Auseinandersetzung mit der Thematik der Heiratsstrafe ist in der Schweiz eine immer wiederkehrende Besonderheit. Lösungsvorschläge zur Abschaffung bzw. Milderung waren schon vermehrt auf dem politischen Parkett, um anschliessend aber wieder verworfen zu werden. Erneut wird nun versucht, die Heiratsstrafe abzuschaffen, dazu wird nun die Individualbesteuerung vorgeschlagen. Die Einführung einer Individualbesteuerung würde bedeuten, dass bei Ehepaaren für beide Personen eine eigene Veranlagung erfolgen würde. Der Zivilstand würde dabei keine Rolle mehr spielen, was aus Sicht der befürwortenden Parteien insgesamt zu einer gerechteren Besteuerung führen würde (Verein Individualbesteuerung, 2020).
Der Bundesrat hat nun eine Botschaft erlassen, welche die Kantone verpflichtet, sich mit der Umsetzung einer Individualbesteuerung zu beschäftigen. Es wurde festgestellt, dass die finanziellen und administrativen Auswirkungen für die Kantone noch unklar sind und eine umfassende Analyse zur ganzheitlichen Betrachtung fehlt. Das Ziel der Bachelor-Thesis ist es, für den Kanton Wallis die Konsequenzen einer Einführung der Individualbesteuerung aufzuzeigen. Primär interessieren dabei die finanziellen Aspekte. Insgesamt soll eine ganzheitliche Analyse anhand der Botschaft des Bundesrates erfolgen.
Das methodische Vorgehen der Bachelor-Thesis umfasst die Erstellung einer Modellierung der Individualbesteuerung auf Basis der Botschaft des Bundesrates. Dieses Modell erlaubt, die finanziellen Auswirkungen für den Kanton Wallis zu berechnen. Mittels anonymisierter Daten der Steuerverwaltung des Kantons Wallis aus der Steuerperiode 2021 wird eine Simulation durchgeführt, welche die finanziellen Auswirkungen genau aufzeigt. Zur Ergänzung mit qualitativen Daten werden zwei Experteninterviews mit Walliser Nationalräten durchgeführt.
Die Auswertung der Simulation ergibt, eine Zunahme der Einnahmen durch einen Systemwechsel zur Individualbesteuerung von rund 60 Millionen Schweizer Franken. Dies ist gleichbedeutend mit einer steigenden Belastung für die Ehepaare. Zudem sind von rund 56'000 analysierten Fällen nur knapp 1.7% von einer verfassungswidrigen Heiratsstrafe gemäss Bundesgerichtsentscheid 110 Ia 7 aus dem Jahr 1984 betroffen. Somit erscheint eine Einführung der Individualbesteuerung nicht als die optimale Lösung, um die Abschaffung der Heiratsstrafe zielgerecht zu erreichen.
Auf administrativer Ebene entstehen durch die Einführung der Individualbesteuerung für Ehepaare einige Unklarheiten bei der Zuordnung der Vermögenswerte, was zu Komplikationen bei der Veranlagung der Steuerdossiers und zu Fragen und Problemen seitens der Eheleute beim Ausfüllen der Steuererklärung führen kann. Dies würde einen enormen Mehraufwand für die Verwaltung bedeuten. Weiter gilt es festzuhalten, dass eine Vermischung des Vermögens innerhalb der ehelichen Gemeinschaft unumgänglich scheint und dies das Ausfüllen einer getrennten Steuererklärung zusätzlich erschwert.