Fintech vor und nach dem EU-KI-Gesetz: eine Netzwerkstudie über den Wandel des Sektors

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren verstärkt Einzug in den Finanzsektor gehalten auch besonders in der Kommunikation von Unternehmen. Während KI-Systeme zunehmend in Kundeninteraktion, Produktberatung und internen Prozessen eingesetzt werden, rückt zugleich ihre öffentliche Darstellung stärker in den Fokus. Diese Bachelorarbeit untersucht, wie Fintech-Unternehmen in der Schweiz über KI sprechen und wie sich diese Kommunikation im Zuge der Regulierung durch den EU AI Act verändert hat. Der EU AI Act verlangt mehr Transparenz, Verantwortung und Kontrolle bei KI-Anwendungen. Obwohl die Schweiz nicht direkt betroffen ist, hat die Regulierung auch Auswirkungen auf Schweizer Fintechs mit Bezug zum europäischen Markt. Die Arbeit analysiert anhand von vier Unternehmen, ob und wie sich ihre öffentliche Sprache zwischen Februar 2023 und September 2024 verändert hat. Spezifisch mit einem Hinblick auf Begriffe wie „verantwortungsvoll“, „transparent“ oder „ethisch“.
Ziel der Arbeit
Ziel dieser Arbeit war es, die sprachliche und narrative Reaktion von Fintech-Unternehmen auf die Einführung des EU AI Acts zu analysieren. Im Mittelpunkt standen folgende Fragen:
- Wie hat sich die Kommunikation über KI in Schweizer Fintechs zwischen Februar 2023 (vor Finalisierung des EU AI Acts) und September 2024 (nach Finalisierung) verändert?
- Welche Begriffe, Narrative und Kommunikationsstrategien werden eingesetzt, um regulatorischen Erwartungen zu begegnen?
- Gibt es Unterschiede zwischen etablierten Banken und Neo-Banken in ihrer strategischen Positionierung?
Die Arbeit leistet einen Beitrag zum besseren Verständnis von Sprache als Mittel zur Regulierungskompatibilität und Differenzierung im Fintech-Bereich.
Methoden
Die Arbeit basiert auf einem Mixed-Methods-Ansatz. Einerseits wurden qualitative Textanalysen durchgeführt, darunter Webseiten, Pressemitteilungen und Blogbeiträge der vier untersuchten Fintechs UBS, PostFinance, Yuh und Neon. Um zeitliche Veränderungen sichtbar zu machen, wurden die Inhalte mithilfe von NotebookLM rekonstruiert. Andererseits wurde eine quantitative Wortfrequenzanalyse mit R Studio eingesetzt, um zentrale Begriffe und Verschiebungen statistisch zu erfassen. Die Kombination beider Methoden ermöglichte eine fundierte Analyse sowohl auf inhaltlicher als auch auf struktureller Ebene. Im Fokus standen insbesondere Begriffe mit regulatorischer Relevanz wie Verantwortung, Transparenz, Fairness oder Nachvollziehbarkeit.
Ergebnisse
Die Analyse zeigt, dass sich die Kommunikation über KI in den untersuchten Fintechs seit Anfang 2023 merklich verändert hat, allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen. UBS und Neon haben ihre Sprache stärker an regulatorische Begrifflichkeiten angepasst und verwenden gezielt Narrative, die Konformität und gesellschaftliche Verantwortung betonen. PostFinance zeigt eine vorsichtige Entwicklung mit punktuellen Anpassungen in der Wortwahl. Yuh hingegen verzichtet weitgehend auf eine kommunikative Thematisierung von KI. Begriffe wie Verantwortung, Transparenz und Sicherheit gewinnen insgesamt an Bedeutung. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Regulierungen wie der EU AI Act nicht nur technische Prozesse, sondern auch die Art der öffentlichen Kommunikation beeinflussen. Narrative Kommunikation wird zu einem strategischen Instrument, um regulatorischen Anforderungen zu begegnen, Vertrauen aufzubauen und sich im Wettbewerbsumfeld gezielt zu positionieren. Die Arbeit kommt zum Schluss, dass Sprache zunehmend als Mittel zur Regulierungskompatibilität eingesetzt wird und narrative Kommunikation eine zentrale Rolle in stark regulierten Innovationsfeldern spielt.