Erfolgsmessung in Change-Projekten: Identifikation relevanter KPIs
Autor/in: Dominique Noémie Gavin & Fabio Nicolas Gerber

Autor/in Dominique Noémie Gavin & Fabio Nicolas Gerber
Kontext:
Diese Bachelorarbeit wurde im Rahmen des Studiengangs Digital Business & AI in der Berner Fachhochschule erstellt.
Ziele & Absichten:
Ein Ziel dieser Arbeit ist es durch die Erkenntnisse gewonnen aus Experteninterviews geeignete Messindikatoren für agile Methoden zu identifizieren.
Ein weiteres Ziel war es die Chancen, Risiken und Herausforderungen beim Einführen oder Durchführen von Messungen aufzeigen und einander gegenüberzustellen.
Schliesslich wollten wir ein Framework aus Handlungsempfehlungen entwickeln, welches Unternehmen dabei unterstützen soll, wenn diese eine Messkultur einführen möchten.
Als persönliches Ziel wollten wir die Praxis und Theorie gegenüberstellen, um zu sehen, wo es Überschneidungen gibt und wo diese divergieren.
Es ist nicht die Absicht dieser Arbeit agile Frameworks untereinander zu vergleichen oder das Vorgehen unserer Interviewpartner/-innen zu kritisieren oder zu vergleichen, da es hierbei individuelle Ausgangslagen gab, die schliesslich zum gewählten Vorgehen führten.
Hierbei wurde mit folgenden Forschungsfragen gearbeitet:
- Forschungsfrage 1: Wie kann die Wirksamkeit von Change-Projekten in agilen Umgebungen gemessen werden?
- Forschungsfrage 2: Was sind Vor- oder Nachteile einer Messung? Wenn die Firma nicht misst, was sind die ausschlaggebenden Gründe dafür und was, möchten Firmen mit einer Messung erreichen?
- Forschungsfrage 3: Wie kann ein Framework zur Wirksamkeitsmessung aussehen und welche Handlungsempfehlungen zur Messung ergeben sich daraus?
Methoden:
Mithilfe von Literaturrecherche wurde das notwendige Wissen über die Theorie des klassischen und agilen Projektmanagements gesammelt, um dies in der Arbeit aufzeigen zu können. Ebenfalls wurde das Vorgehen agiler Transformationen genauer unter die Lupe genommen, um auch hier Vergleiche zu der Praxis ziehen zu können.
Das weitere Vorgehen bestand aus der Durchführung von qualitativen Experteninterviews mit der Stichprobenstrategie der maximalen Variation. Es wurden 15 Personen befragt aus denen 12 Personen aus 10 verschiedenen Firmen dabei waren und zusätzlich 3 Berater/-innen agiler Methoden, um die objektive Sichtweise beurteilen zu können. Die Variation fand im Bezug auf die Rollen, Branchen sowie betroffenen agilen Frameworks statt. Es wurde, bis auf ein Kleinunternehmen, ausschliesslich mit Grosskonzernen vorgegangen, da man sich hierbei die differenziertesten Ergebnisse erhoffte aufgrund des grösseren Fokuses und der Tragweite der agilen Transformation.
Nach der Durchführung der Interviews wurde die Interviewauswertung durchgeführt mithilfe der transkribierten Interviews. Diese Transkripte wurden danach codiert mit der Kombination aus einem deduktiven und induktiven Ansatz. Hierbei wurde das Tool Taguette verwendet, um die Codes in den Transkripten zuordnen zu können und Muster in den verschiedenen Interviews erkennen zu können, um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Ergebnisse:
Aus der Analyse der Interviews konnten wir diverse Erkenntnisse gewinnen, die wir in unserer Diskussion näher betrachten.
Veränderung ist anspruchsvoll. Darin waren sich alle Interviewpartner/-innen einig. Unabhängig von Unternehmensgrösse oder Vorkenntnis wurde die agile Transformation stets als Herausforderung wahrgenommen. Es wurde viel investiert: in Schulungen, externe Unterstützung, neue Rollen und Strukturen. Doch ein zentrales Element kam häufig zu kurz und nämlich die Frage, wie der Erfolg dieser Veränderungen eigentlich gemessen werden kann.
Nur wenige Unternehmen konnten konkret beschreiben, wie sie feststellen, ob die gesetzten Ziele auch erreicht wurden. Zwar existiert meist zu Beginn ein klares Konzept, etwa die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu steigern oder Prozesse zu beschleunigen. Aber eine strukturierte Überprüfung, ob dies gelungen ist, findet oft nicht statt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Manche sehen den Aufwand als zu hoch, andere verfügen nicht über die nötige Datengrundlage.
Oft wurde festgestellt, dass zwar Daten erhoben werden, diese jedoch keinen direkten Bezug zum Veränderungsprozess haben. Projektmanagementtools wie Jira erfassen viele agile Kennzahlen automatisch. Dennoch nutzen viele Unternehmen diese Daten nicht gezielt zur Erfolgskontrolle. In grösseren Organisationen herrscht zudem häufig eine uneinheitliche Messkultur. So kam es vor, dass zwei Mitarbeitende derselben Firma widersprüchliche Aussagen darüber machten, ob Messungen überhaupt stattfinden. Solche Beispiele zeigen, wie wichtig Transparenz und einheitliche Kommunikation sind.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Auswahl geeigneter Metriken. Die Vielzahl möglicher Kennzahlen überfordert viele Unternehmen. Die zentrale Frage lautet deshalb: Welche Kennzahlen sind für unser Unternehmen sinnvoll und aussagekräftig? Und wie lassen sich diese so vermitteln, dass sie nicht als Kontrollinstrument wahrgenommen werden, sondern als Hilfsmittel zur Weiterentwicklung?
Beispielsweise: Wenn nach einer Transformation die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt, der Umsatz aber sinkt, ist die Veränderung dann als Erfolg zu werten? Eine einfache Antwort gibt es darauf nicht. Vielmehr braucht es ein ganzheitliches Verständnis davon, was Erfolg bedeutet. Diese Definition sollte verschiedene Perspektiven einschliessen, zum Beispiel Mitarbeitende, Kundenzufriedenheit, Qualität, Effizienz und Unternehmenserfolg.
Deutlich wurde, dass eine funktionierende Messkultur nicht einfach entsteht. Sie muss bewusst aufgebaut werden mit klaren Zielen und der notwendigen Transparenz. Besonders wichtig ist dabei die Frage, wie Kennzahlen eingeführt werden. Entstehen sie im Dialog mit den Teams, werden sie eher akzeptiert. Werden sie jedoch einseitig von der Führungsebene vorgegeben, sinkt die Motivation. In kleineren Unternehmen funktioniert dieser Austausch oft einfacher, weil die Wege kürzer sind und die Unternehmenskultur enger gefasst ist. In grossen Firmen ist der Abstimmungsbedarf höher, weshalb eine bewusste Herangehensweise noch wichtiger ist.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Interviews: Messprozesse sollten idealerweise von Anfang an Teil des Veränderungsprojekts sein. Wird erst später versucht, den Erfolg zu erfassen, fehlen oft wichtige Vergleichswerte. Dadurch lassen sich Entwicklungen kaum sinnvoll beurteilen.
Metriken sind aber nicht nur zur Kontrolle gedacht. Richtig eingesetzt, können sie Orientierung bieten, blinde Flecken aufdecken oder dabei helfen, Überlastungen frühzeitig zu erkennen. So leisten sie beispielsweise auch einen Beitrag zur Burn-out-Prävention. Vorausgesetzt natürlich, dass die Messergebnisse ernst genommen und sinnvoll genutzt werden.
Die Ergebnisse der Interviews zeigen deutlich: In der Erfolgsmessung agiler Veränderungen liegt noch viel ungenutztes Potenzial. Wer sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, klare Ziele formuliert und offen kommuniziert, schafft nicht nur die Grundlage für bessere Entscheidungen, sondern kann den Wandel als lernenden und nachvollziehbaren Prozess gestalten.
Resultierende Handlungsempfehlung:
Eines der zentralen Ergebnisse unserer Arbeit war: Wer Veränderung erfolgreich umsetzen will, muss deren Wirkung auch messbar machen. Doch gerade im agilen Umfeld geraten KPIs schnell in den Hintergrund, weil die Umsetzung selbst viele Ressourcen bindet. Gleichzeitig zeigte sich, dass weder das völlige Fehlen von Metriken noch eine unüberschaubare Vielzahl zielführend ist. Es braucht einen klaren Fokus.
Genau hier setzt unser Modell FIVEMETRA an. Ein leicht verständliches und flexibel einsetzbares Rahmenwerk, das Unternehmen dabei unterstützt, systematisch und sinnvoll zu messen. Der Name steht für five metrics tracking und basiert auf fünf übergeordneten Themenfeldern, die als strukturelle Grundlage dienen. Welche konkrete Kennzahl pro Themenfeld verwendet wird, entscheidet jedes Unternehmen selbst basierend auf deren Zielen, Kultur und Reifegrad der agilen Umsetzung.
FIVEMETRA:

Da jedes Unternehmen einzigartig ist und agiert bietet das Modell keine starren Vorgaben, sondern eine Orientierungshilfe, mit der Firmen ihre Messkultur bewusst aufbauen oder weiterentwickeln können. Es ist insbesondere für Organisationen gedacht, die bisher kaum oder nur punktuell mit Erfolgsmessung gearbeitet haben. Durch den klaren Aufbau soll es die Motivation fördern, sich überhaupt mit dem Thema Messung auseinanderzusetzen und zwar nicht als Kontrollinstrument, sondern als Chance zur Reflexion und Weiterentwicklung.
Verknüpfung statt Isolation:
Ein zentrales Element von FIVEMETRA ist die Verkettung der Kennzahlen. Anstatt einzelne KPIs isoliert zu betrachten, werden sie als Teil einer Ursache-Wirkung-Beziehung verstanden. Wenn etwa die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigt, gleichzeitig aber die Produktqualität sinkt, stellt sich sofort die Frage nach dem Zusammenhang. Genau dieser Zusammenhang ist es, der in vielen Interviews fehlte.
Mit FIVEMETRA wird diese Kette sichtbar. Probleme lassen sich gezielter lokalisieren, Massnahmen schneller einleiten. Der Interpretationsspielraum verbessert sich, Erfolge werden differenzierter sichtbar. Und ganz nebenbei wird auch die Verankerung im Unternehmen gestärkt, denn wenn Mitarbeitende den Sinn der Messungen nachvollziehen können, steigt die Akzeptanz deutlich.
Ein pragmatischer Einstieg:
Der Aufbau ist einfach: Pro Oberthema wird ein passender KPI ausgewählt und kontinuierlich gemessen. Unternehmen, die sich neu mit Erfolgsmessung beschäftigen, können zunächst zwei Zeitpunkte definieren. Zum Beispiel vor dem Start der Transformation und sechs Monate danach. So entstehen erste Vergleichswerte, die als Basis für fundierte Entscheidungen dienen können.
Sobald mehrere Messungen durchgeführt wurden, lassen sich Muster erkennen, Entwicklungen analysieren und konkrete Handlungsfelder identifizieren. Besonders im agilen Kontext, wo Veränderung zum Alltag gehört, hilft ein solches System, die Anpassungsfähigkeit sichtbar zu machen und kontinuierlich zu verbessern.
Die Interviews zeigten ausserdem, dass viele Organisationen bereits über geeignete Tools verfügen aber oft fehlt das Wissen, wie diese sinnvoll genutzt werden können. FIVEMETRA kann hier als Brücke dienen: Es zeigt auf, wie vorhandene Daten sinnvoll verknüpft und in einen grösseren Zusammenhang gestellt werden können.
Fazit:
FIVEMETRA ist kein starres System, sondern ein flexibler Leitfaden. Es hilft Unternehmen dabei, ihre individuellen Ziele mit den passenden Metriken zu verbinden, Wirkung sichtbar zu machen und auf Veränderungen gezielt zu reagieren. Damit wird die agile Transformation nicht nur effizienter, sondern sie wird auch messbar erfolgreicher.