Die Wirkung von Storytelling auf das Employer Branding: Was sind die Erfolgsfaktoren?

Die Wirkung von Storytelling auf das Employer Branding: Was sind die Erfolgsfaktoren?
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Der Wettbewerb um Fachkräfte nimmt weiter zu. Prognosen zeigen, dass bis 2040 rund 430'000 Personen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt fehlen werden – bedingt durch demografische Entwicklungen, insbesondere die Pensionierung der Babyboomer-Generation. Diese Lücke kann durch nachrückende Generationen nicht vollständig geschlossen werden. Unternehmen müssen sich daher gezielt als attraktive Arbeitgebende positionieren, um passende Talente anzuziehen.

Gleichzeitig erschwert die hohe Informationsdichte in digitalen Medien die Aufnahme und Verarbeitung von Botschaften. Damit Unternehmen im Wettbewerb um Talente wahrgenommen werden, müssen Informationen so vermittelt werden, dass sie Aufmerksamkeit erzeugen, eine emotionale Verbindung aufbauen und im Gedächtnis bleiben. Erkenntnisse aus der Konsumforschung zeigen, dass dies besonders gut gelingt, wenn Inhalte in Form von Geschichten (engl. Storytelling) erzählt werden. Storytelling hat deshalb das Potenzial, Employer Branding wirksamer zu gestalten. Vor diesem Hintergrund wurde untersucht, welche Faktoren den Erfolg von Storytelling im Employer Branding bestimmen.

Zielsetzung

Ziel der Arbeit war es, Erfolgsfaktoren für den Einsatz von Storytelling im Employer Branding zu identifizieren. Ein zentrales Element dabei ist die sogenannte narrative Transportation – der Zustand, in dem sich Personen so stark in eine Geschichte hineinversetzen, dass sie ihre reale Umgebung ausblenden. Um diesen Effekt zu erzeugen, werden typische Storytelling-Elemente wie beschreibende Orts- und Zeitangaben, Spannungselemente und Protagonisten eingesetzt. Im Employer Branding kann Storytelling beispielsweise in Social-Media-Beiträgen oder auf Karrierewebseiten Anwendung finden.

Aufbauend auf etablierten Konzepten, insbesondere dem Narrative Transportation Model, dem Extended-Transportation-Imagery Model sowie theoretischen Ansätzen zu Authentizität und dem Person-Organisation-Fit, wurde ein experimentelles Studiendesign mit realitätsnahen LinkedIn-Beiträgen entwickelt. Ziel war es, die Wirkung narrativer Inhalte unter kontrollierten Bedingungen zu untersuchen. Im Fokus stand der Einfluss narrativer Transportation auf die Wahrnehmung von Authentizität und Person-Organisation-Fit sowie deren Wirkung auf die Bewerbungsabsicht. Ergänzend wurde geprüft, ob kognitive (rational-analytische) und affektive (emotional-intuitive) Informationsverarbeitung als Moderatoren den Zusammenhang zwischen narrativer Transportation und Authentizitätswahrnehmung beeinflussen.

Methodik

Die Arbeit basiert auf einem quantitativen Between-Subject-Experiment. Zwei textbasierte LinkedIn-Posts eines fiktiven Unternehmens wurden erstellt, die sich einzig im narrativen Gehalt unterschieden. Die Teilnehmenden wurden randomisiert, also zufällig einer der beiden Gruppen zugeteilt:

1️⃣
In der Manipulationsgruppe wurde ein narrativer Beitrag eingesetzt – eine Ich-Erzählung einer Praktikantin mit typischen Elementen des Storytelling, etwa einem klaren Handlungsablauf, Zeit- und Ortsangaben, Spannungselementen mit emotionaler Wendung und Herausforderungen.
2️⃣
In der Kontrollgruppe wurde derselbe Beitrag ohne narrative Elemente verwendet – sachlich, ohne persönliche Geschichte.
eigene Darstellung: Stimuli für das Experiment

Beide Posts waren visuell und strukturell identisch gestaltet, um sicherzustellen, dass Unterschiede in der Wirkung ausschliesslich auf die narrative Textgestaltung zurückzuführen sind. Insgesamt nahmen 141 berufstätige Personen an der Online-Umfrage teil. Erfasst wurden narrative Transportation, Authentizität, Person-Organisation-Fit, Bewerbungsabsicht sowie kognitive und affektive Informationsverarbeitung durch validierte Skalen.

Wieso LinkedIn?

LinkedIn wurde als Stimulus gewählt, weil es das führende berufliche soziale Netzwerk ist und alleine in der Schweiz rund 4.9 Millionen Nutzende (2025) verzeichnet. Die Plattform bietet einen realitätsnahen Kontext für Employer Branding und ermöglicht die gezielte Ansprache berufstätiger Personen.

Ergebnisse

Storytelling ist im Employer Branding besonders wirksam, wenn es narrative Transportation auslöst – also das mentale Eintauchen in eine Geschichte – und dadurch die Authentizitätswahrnehmung stärkt. Diese wiederum beeinflusst die Bewerbungsabsicht signifikant. Auch der wahrgenommene Person-Organisation-Fit hat einen starken positiven Einfluss auf die Bewerbungsabsicht. Ein direkter Zusammenhang zwischen narrativer Transportation und dem Person-Organisation-Fit konnte jedoch nicht bestätigt werden. Ebenso blieben die vermuteten Moderationseffekte durch kognitive und affektive Informationsverarbeitung insignifikant.

💡
Auf den Punkt gebracht:
Storytelling wirkt vor allem dann, wenn es narrative Transportation auslöst und dadurch emotional involviert, als authentisch wahrgenommen wird und Identifikation ermöglicht. Für eine wahrgenommene Wertepassung braucht es jedoch explizite Aussagen zu Kultur und Werten – Emotionalisierung allein genügt nicht.

Handlungsempfehlungen

Unternehmen sollten Storytelling gezielt einsetzen – vor allem durch ihre Mitarbeitenden, die Einblicke in ihre Tätigkeiten und den Arbeitsalltag ermöglichen. Diese Beiträge sollten in der Ich-Perspektive erzählt werden, da sie Nähe und Vertrauen schaffen, narrative Transportation fördern und positiv zur Authentizitätswahrnehmung beitragen. Damit eine wahrgenommene Wertepassung entsteht, genügen emotionale Geschichten allein nicht – nötig sind klare Aussagen zu Kultur, Haltung und Werten.

Die Studie zeigt: Storytelling, insbesondere wenn es narrative Transportation auslöst, fördert die Authentizitätswahrnehmung, reicht jedoch nicht aus, um den Person-Organisation-Fit zu stärken. Offen bleibt, wie visuelle oder audiovisuelle Formate wirken. Künftige Forschung sollte untersuchen, wie sich Wertepassung gezielt narrativ fördern lässt – und welche Formate auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, Instagram oder TikTok besonders zielgruppenspezifisch wirksam sind.

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