Blockchain im Rechnungswesen
Durch die Digitalisierung wurden zahlreiche Innovationen möglich, darunter die Blockchain-Technolo-gie: eine dezentrale Datenbank, in der Transaktionen in chronologisch verknüpften Blöcken gespei-chert werden. Jeder Block enthält einen Hash des Vorgängers, wodurch Manipulationen praktisch ausgeschlossen sind. Netzwerkteilnehmer verifizieren neue Einträge gemeinsam über Konsensverfah-ren; so entsteht Vertrauen in die Datenintegrität ohne zentrale Instanz. In dieser Arbeit wird unter-sucht, unter welchen technischen, rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen der Einsatz der Blockchain-Technologie in einem Treuhandbüro möglich ist, welche konkreten Anwendungsfel-der in den Bereichen ‹Buchführung›, ‹Jahresabschluss› und ‹Inventur› bestehen und welche Vorteile und Nachteile sowie Chancen und Risiken sich daraus ergeben. Um diese vier Forschungsfragen zu beantworten, wurde eine qualitative Untersuchung mit sieben Experteninterviews durchgeführt. In-terviewpartner setzten sich aus drei Blockchain-Technologie-Spezialisten, zwei Blockchain-Technolo-gie-Anwendern sowie zwei Treuhändern zusammen.
Für den Einsatz der Blockchain im Rechnungswesen und der Treuhandbranche muss eine leistungsfä-hige IT-Infrastruktur vorhanden sein. Weiter sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Gewähr-leistung und der Datenschutz klar zu definieren. Es bedarf eines klar definierten Anwendungsfalls, in dem sich zwei Personen nicht vertrauen oder nicht dasselbe Interesse haben. Ausserdem muss die Blockchain-Technologie einen echten Mehrwert gegenüber den herkömmlichen Systemen liefern. Fehlt eine dieser Grundlagen, ist eine Anwendung der Blockchain nicht geeignet.
Praktisch diskutierte Einsatzfelder sind die revisionssichere Belegaufbewahrung, bei der Originaldo-kumente unveränderbar gespeichert werden. Ein weiteres Einsatzfeld ist die Echtzeit-Buchführung, die kontinuierliche Buchungsschritte in einer gemeinsamen Kette erlaubt. Auch die Automatisierung routinemässiger Abläufe per Smart Contracts, beispielsweise Zahlungsfreigaben, wird als vielverspre-chend angesehen. Zudem kann die Integration der Blockchain in die Mehrwertsteuerabrechnung den Besteuerungsprozess effizienter gestalten.
Die Vorteile der Anwendungen liegen in der manipulationssicheren Speicherung von Belegen, Buch-führung und Jahresabschluss, in erhöhter Transparenz und potenziellen Effizienzsteigerungen durch eine Automatisierung. Dem stehen jedoch beträchtliche Nachteile gegenüber: hoher Energie- und Rechenaufwand besonders beim Proof-of-Work, die Komplexität der Integration in bestehende Buch-haltungssysteme sowie Datenschutzrisiken, wenn sensible Finanzdaten auf öffentlichen Blockchains gespeichert sind. Zudem sind die Initialkosten für Infrastruktur und Schulungen hoch. Zwar bietet die Blockchain im Rechnungswesen Anwendungsmöglichkeiten, in der Praxis erweist sich ihr Nutzen je-doch meist nur in Szenarien, in denen Beteiligte kein gegenseitiges Vertrauen haben und daher auf
einen dezentralen Konsens angewiesen sind. Im Rechnungswesen und in der Treuhandbranche basie-ren die täglichen Arbeiten jedoch gerade auf professionellem und rechtlichem Vertrauen, wodurch eine auf Blockchain basierende ‹Vertrauensvermittlung› kein Mehrwert schafft. Zudem sind die Ener-giekosten für die Anwendung im Treuhandunternehmen im Moment zu hoch. Daher eignet sich für Treuhandunternehmen die Anwendung in den Bereichen ‹Buchführung›, ‹Jahresabschluss› und ‹In-ventur› im Moment nicht.