Analyse von zielgruppenspezifischen Marketingmassnahmen zur Reduzierung der Kirchenaustritte in Refbejuso

Kontext
Die reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn erbringt vielfältige gesellschaftliche Leistungen in Bereichen wie Seelsorge, sozialer Unterstützung und kultureller Teilhabe. Diese Leistungen sind zunehmend gefährdet durch den stetigen Rückgang der Mitgliederzahlen, was zu sinkenden Kirchensteuereinnahmen und weniger ehrenamtlichem Engagement führt. Gleichzeitig nutzen viele Menschen kirchliche Angebote auch nach einem Kirchenaustritt weiter, was ökonomisch motivierte Austritte attraktiv erscheinen lässt. In diesem gesellschaftlichen Spannungsfeld setzt die Arbeit an, indem sie Marketing als strategisches Mittel zur Mitgliederbindung untersucht.
Ziel und Aufgaben
Die Arbeit verfolgt das Ziel, herauszufinden, ob zielgruppenspezifisches Marketing dazu beitragen kann, Kirchenaustritte zu verringern. Dazu wurde in der Kirchgemeinde Bern-Nord eine Marketingkampagne durchgeführt, während drei vergleichbare Kirchgemeinden als Kontrollgruppe dienten. Die Werbekampagne zielte auf vier definierte Zielgruppen, basierend auf Alter, Geschlecht und geschätzten kirchlichen Leistungen. Die Aufgabe der Arbeit bestand darin, diese Intervention konzeptionell zu entwickeln, umzusetzen und ihre Wirksamkeit zu evaluieren.
Methoden
Zur Anwendung kamen eine Kombination aus quantitativer und qualitativer Methodik. Vier Personas wurden aus Mitgliederdaten und Umfrageergebnissen entwickelt, um die Zielgruppen zu definieren. Darauf basierend wurden spezifische Werbevideos erstellt und über Instagram im Kirchgemeindegebiet ausgespielt. Die Wirkung wurde anhand von KPIs wie Reichweite, Interaktion und Websitezugriffen sowie durch einen Trendvergleich der Kirchenaustritte mit den Kontrollgemeinden über die Jahre 2021 bis 2025 analysiert. Eine ursprünglich geplante Difference-in-Differences-Analyse wurde aus methodischen Gründen verworfen.
Ergebnisse
Die Auswertung zeigt erste Hinweise, dass zielgruppenspezifisches Marketing insbesondere bei älteren Mitgliedern zu einer Reduktion der Austritte beitragen kann. Bei jüngeren Zielgruppen hingegen zeigten sich keine eindeutigen Effekte. Die gesetzten Marketingziele – insbesondere Reichweite und Interaktion – wurden teilweise deutlich übertroffen. Die Kampagne erreichte über 313'000 Personen via Instagram. Trotz methodischer Limitierungen belegt die Arbeit exemplarisch das Potenzial von datenbasiertem, zielgerichtetem Marketing zur Stärkung der Mitgliederbindung im kirchlichen Kontext.